Die Wahrheit über Bastelnachmittage mit Kindern

Es kam der Tag an dem mein Großer (damals 5) beschloss: ‘Dieses Jahr wollen wir auch mal Weihnachtssterne basteln!“ Ich nehme diese Anregung meines ansonsten eher bastelfaulen Sohnes freudig zur Kenntnis, auch wenn ich schon lange keine Sterne mehr gebastelt habe. Außerdem muss ich zugeben, dass ich bereits im Kindergarten wenig talentiert in Sachen Basteln war, was sich bis zum heutigen Tage nicht gravierend geändert hat.

Das Einkaufen der notwendigen Utensilien ist eine Aufgabe, die sogar ich mit Leichtigkeit bewältige, so dass es bereits am nächsten Nachmittag losgehen kann. Bewaffnet mit Schere, Goldfolie, Stroh und Klebstoff versammeln wir uns am sorgfältig mit Zeitung abgedeckten Esszimmertisch. Der Große fuchtelt wild mit der Schere in der Luft herum und brüllt „Attacke!“, während der Kleine (damals 2) winzige Fitzelchen aus dem Zeitungspapier rupft.

Unangenehme Erinnerungen an das Laterne Basteln im Kindergarten werden wach. Saßen wir da nicht auch so „gemütlich“ beisammen? Und hatte mein Großer nicht auch „Attacke“-schreiend wild mit der Schere um sich gefuchtelt? Also hatte ich ihm die Schere abgenommen und selber mit dem Ausschneiden begonnen (pädagogisch nicht ganz einwandfrei, aber sehr nervenschonend). Der Große sollte Schnipsel rupfen für das Eulengefieder. Zugegebenermaßen etwas verbissen und vor allen Dingen hochkonzentriert fuhr ich mit der Schere durch die braune Fotopappe und vernachlässigte dabei meinen Großen sträflich.

„Guck mal, Mama, was ich Tolles gebastelt habe“, rief er nach einigen Minuten begeistert. Ich guckte also und mich traf der Schlag: Aus verschiedenen Papier- und Pappresten hatte mein Sohn mit Hilfe von rund einer Flasche Klebstoff einen bunten „Matsche-Pampe-Klebeball“ gezaubert und dabei auch seine Kleidung, meinen Rucksack und den Fußboden der Turnhalle mit einbezogen. Es fiel dann auch etwas schwer, ihn für diese kreative Höchstleistung zu loben …

Während ich mich darum bemühte, die Klebepampe fachgerecht zu entsorgen, fiel der Kleine, der bis dahin artig Konfetti ausgeschnitten hatte, rücklings von der Bank und brüllte die nächsten 20 Minuten. Der Geräuschpegel trug übrigens nicht zur allgemeinen Entspannung bei. Perfekt organisierte Mütter reichten mir Globuli und Schokokekse, woraufhin der Kurze sich nach und nach beruhigte.

Andere Mütter und Väter kamen mit ihren Kindern und gingen mit wunderhübschen Laternen. Mein Großer und ich hingegen harrten aus. Wir schnitten, klebten, stritten, rupften, malten, lachten und verließen endlich unter den mitleidigen Blicken der Erzieherinnen den Ort des Geschehens – mit einer etwas krummen, aber doch sehr liebenswerten und originellen (pinkfarbenes Gefieder!) Eulenlaterne.

Wunderbare Erinnerungen, die ich nun zu verdrängen versuche, um mich voll und ganz auf die Weihnachtsbastelei zu konzentrieren. Schade eigentlich, dass die Jungs mittlerweile das Basteln eingestellt haben (Geduld war und ist nicht gerade ihre Stärke): Der Große hat aus rund 2 Metern Goldfolie ein „voll g.…“, also sehr tolles Gold-Laser-Schwert gebastelt und nun wirklich keine Zeit mehr für Weihnachtssterne. Schließlich muss er die Monster aus dem All bekämpfen. Der Kleine hat eine Art Stroh-Gold-Konfetti kreiert, das er fröhlich singend und rufend („Helau!“) im Wohnzimmer verteilt. Ich atme tief durch. „Immer erst bis 10 zählen, bevor man losbrüllt“, steht im Erziehungsratgeber. Ich zähle vorsichtshalber bis 100, packe die Reste unserer Bastelei zusammen und hole seufzend den Staubsauger. – Vielleicht basteln wir ja im nächsten Jahr Weihnachtssterne.

 

Ulrike Dörrie – Eibelstadt

Bastelanleitung Eulenlaterne – für alle, die es trotzdem probieren wollen:

http://www.familie.de/diy/eulen-laterne-basteln-vorlage-und-anleitung-539771.html

(allerdings fehlt hier das Gefieder. Dafür einfach buntes Pergamentpapier in ungleiche Stückchen rupfen und aufkleben):

Fotos: Pixabay.com (nachdem unsere Laterne in Flammen aufgegangen ist …)